Ihr Browser ist zu alt und unsicher, bitte holen sie sich ein kostenloses Update! MFG kingago Consulting GmbH & Co. KG

Führung und Steuerung

Robert Fuhrmann
Führung und Steuerung

Führung, Steuerung und Missverständnis (etwas Gutes zu tun)

Das Thema Führung ist derzeit in aller Munde und in allen Beiträgen. Ich werde nicht darlegen was man tun sollte, wie man etwas tun sollte etc. Ich male mein Gedankenbild wie die Wirklichkeitskonstruktion für jemanden aussieht, der an Steuerung glaubt.

Lange Zeit war folgendes Bild unstrittig, mit dem auch ich aufgewachsen bin. In der Umwelt der meisten Menschen ist der Großteil abhängig beschäftigt. Zu Beginn lässt man sich ausbilden, dann sucht man einen Arbeitgeber. Man schließt einen Vertrag und verkauft das, was man gelernt hat. Nun muss man aufgrund des Vertrags täglich an einen bestimmten Platz gehen, um dort Anweisungen zu empfangen, was man zu tun und was man zu lassen hat. Dafür erhält man Geld, mit dem man sein Leben bestreiten kann.

Anweisungen empfangen. Von formal hierarchisch höher gestellten Personen. Lange Zeit war unstrittig: nur diese höhergestellten Personen erhielten eine umfassenderer Informationslage und waren aufgrund dieses Umstandes in der Lage bessere Analysen zu produzieren. Aus dieser Situation wurden Anweisungen erteilt und so das Gesamtsystem gesteuert.

Was ich hier beschreibe ist uralt und das Bild eines hierarchischen Aufbaus. Ich möchte auf den Punkt eines Missverstänisses eingehen, weil ich glaube, dass dieses Missverständnis den Übergang zu neuen Formen der Organisation behindert.

Weisungsbefugte erteilten also Weisungsempfängern Arbeitsaufträge. Ein Großteil ihres Selbstverständnisses resultierte also daraus, durch ihre Analysen und Anweisungen „den Laden in Ordnung zu halten“, weil sonst „bräche ja Chaos aus“. In einer gegenseitigen Beziehung waren die Erwartungen klar verteilt. Weisungsempfänger erwarteten klare Ansagen, denn dann mussten sie selbst nicht denken. Und Weisungsbefugte spürten die Erwartung, dass sie klare Ansagen machen sollten.

Die Weisungsempfänger zogen ihre Genugtuung aus der Verrichtung der angewiesenen Arbeit. Ja, ich vereinfache. Man gönne es mir bitte. Und die Weisungsbefugten zogen ihre Genugtuung aus dem Gebrauchtwerden im Sinne des „klare Ansagen machen“ und „den Laden in Ordnung halten“. Weisungsbefugte sahen darin ihren Sinn und Zweck und waren der Überzeugung damit Gutes zu tun. Gutes im Sinne von sinnvoll und zweckdienlichen Ansagen. Und genau das ist mein Punkt.

Hypothese: Personen in hierarchischen Organisationen, ausgestattet mit formaler Macht, verstehen die Ausübung dieser Macht als ihren Akt Gutes in die Welt zu bringen, da sie damit ja für Struktur und Ordnung sorgen. Wenn dies für lange Zeit von der Umgebung als richtig empfunden wurde, stelle ich das für mich persönlich (ich als die eben beschriebene Führungskraft) irgendwann nicht mehr in Frage. Ich als Vorgesetzter habe eine Struktur-, Ordnungs- und Steuerfunktion. Und das ist auch gut so.

So.

Und nun ändert sich die Umwelt in einem atemberaubenden Tempo. Die Öffentlichkeit redet von Veränderung, von Führung, von Agilität, von Selbstorganisation. Die Steuerung, die lange Zeit von den Vorgesetzen erwartet wurde und für die sie Lobpreisungen erhielten, die sie auch für sich als „das Gute in die Welt bringen“ definierten… Diese Steuerung ist plötzlich nicht mehr gut, wird nicht mehr gebraucht und trägt nicht mehr in die Zukunft.

Missverständnis.

Ich denke das ein Missverständnis besteht, dass dem Wechsel zu mehr Selbstorganisation als Hindernis im Wege steht. Wurde diese Struktur-, Ordnungs- und Steuerfunktion so verstanden, dass die Weisungsempfänger diese Funktion BENÖTIGEN, wird also unterstellt, dass dafür ein BEDARF besteht, so ist das nach meiner Meinung ein Missverständnis.

Dieses Missverständnis kann schnell entstehen, da die Umwelt diese Steuerung lange Zeit und für den gegebenen Kontext als positiv und hilfreich widergespiegelt hat. Und so entwickelte sich bei den Weisungsbefugten die Einschätzung: Steuerung ist gut, meine Weisungsempfänger benötigen das und ich kann es ihnen geben.

Zugeben das dies ein Analysefehler sein könnte (begangen von Personen, denen eine hohe Analysefähigkeit attestiert wurde) ist wahrlich ein großer Schritt. Und ich denke darauf herum, dass dies ein Hindernis ist auf dem Weg zu mehr Selbstorganisation. Wobei Selbstorganisation nicht der neue heilige Gral ist. Doch dazu mehr in einem anderen Blogbeitrag.